Hypnotherapie
Zunächst möchte ich typische Missverständnisse und Vorurteile zum Thema Hypnose und Hypnotherapie ausräumen. Die im Therapieraum genutzten Methoden haben nichts mit den publikumswirksamen Inszenierungen der Bühnen- und Show-Hypnose gemein. Hypnotherapie wende ich nur an, wenn mein Gegenüber von mir ausreichend über Wesen und Ziel dieser Therapieform informiert wurde und die Erlaubnis dazu gegeben hat. Im Übrigen ist niemand in der Lage, einen anderen Menschen gegen seinen Willen zu hypnotisieren. Es ist mir wichtig zu betonen, dass Klientinnen und Klienten in Trance stets die Kontrolle behalten, kommunizieren können und sich nur so weit in den hypnotischen Zustand begeben, wie es ihr Sicherheitsgefühl in der jeweiligen Situation zulässt.
Mehr Klarheit zu dieser Thematik bringt oft die Betrachtungsweise, dass alle Menschen im Alltag regelmäßig Trancezustände erleben, auch wenn das im Allgemeinen wohl kaum so ausgedrückt wird. Vertrauter ist meistens die Darstellung, dass jemand sich z.B. „weit weg“ in einem intensiven Tagtraum befindet. Als weiteres Beispiel möge das begeisterte Anschauen eine spannenden Kinofilmes dienen. Die Fokussierung auf diesen Film führt zu Veränderungen der Wahrnehmung: z.B. zu subjektiver Zeitverkürzung („Was, schon zu Ende?“), zum Ausblenden äußerer Reize („Ich habe nicht bemerkt, dass Du mich angesprochen hast.“), sowie zur Veränderungen der Körperwahrnehmungen/des Schmerzempfindens („Ich merke erst jetzt, wie nötig ich auf die Toilette muss.“). Solche und anderer hier nicht aufgeführte Veränderungen der Wahrnehmung werden auch Trancephänomene genannt.
In der von mir angewandten Hypnotherapie moderner Prägung nach Milton Erickson kommen keine direkten bzw. autoritären Suggestionen zum Einsatz. Autonomie und Wahlfreiheit der Klientinnen und Klienten werden betont. Die Therapeutin/ der Therapeut hilft der Klientin/ dem Klienten in einem einfühlsamen Dialog dabei, über eine Fokussierung der Aufmerksamkeit in einen (meist nur leicht) veränderten Bewusstseinszustand einzutreten, der als hypnotische Trance bezeichnet wird. Im Trancezustand erfolgt dann die eigentlich Therapie. Hypnotherapie bedeutet also Psychotherapie in Trance. Hypnose hingegen ist noch keine Therapie, sie ist lediglich der Prozess, der in die Trance führt.
Die Nutzung von Trancen in der Psychotherapie erfolgt mit dem Ziel, die körperlichen Bedingungen für gewünschte Veränderungen zu verbessern. Der hypnotische Zustand kann verschiedene Lernprozesse erleichtert und das Hervorbringen neuer, teilweise überraschender Lösungen fördert, da Fantasie und Kreativität weniger durch die bewusste Kontrolle eingeengt werden.
Hypnotherapie ist ein lösungs- und ressourcenorientiertes Therapieverfahren, das ein großes Spektrum von Methoden aufweist. Viele davon lassen sich gut mit verhaltenstherapeutischen Ansätzen kombinieren. Einige Beispiel sollen im Folgenden mögliche Anwendungsbereiche skizzieren:
Neues Verhalten kann in Trance gefahrlos ausprobiert werden, z.B. für die Bewältigung von Ängsten.
Zur Motivationsstärkung für Veränderungsprozesse können Zielvisionen einschließlich der Überwindung von Hindernissen auf dem Weg zum Ziel als traumähnliche Erfahrungen erlebt werden.
Mit Persönlichkeitsanteilen, die gewünschte Verhaltensänderungen aufgrund einer Befürchtung blockieren, kann in Trance verhandelt werden.
Das intensive hypnotische Wiedererleben von in der Vergangenheit erfolgreich gemeisterten Situationen kann das Vertrauen stärken, Herausforderungen in der Gegenwart gut bewältigen zu können.
Bei Traumafolgestörungen ist es möglich, „Drehbücher“ von Lebensabschnitten zu verändern oder neu zu schreiben, z.B. um „verletzte Anteile“ zu versorgen und in Sicherheit zu bringen.
Die Trancefähigkeit ist individuell unterschiedlich ausgeprägt. Wer in Begleitung eines Therapeuten eine Trance erleben kann, der ist auch meistens in der Lage, Selbsthypnose zu erlernen und diese dann u.a. zur Stressbewältigung oder Verbesserung der Schmerzkontrolle einzusetzen.
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